Im Gespräch: Interview mit Stefan Netschio von Beborn Beton anlässlich der Veröffentlichung von „A Worthy Compensation“
📸: Julia Beyer

Im Gespräch: Interview mit Stefan Netschio von Beborn Beton anlässlich der Veröffentlichung von „A Worthy Compensation“

Lockere 15 Jahre sind vergangen, seit Beborn BetonFake“ veröffentlichten – und dann mehr oder weniger in der Versenkung verschwanden, um frei von allen Zwängen und Erwartungen ganz in aller Ruhe an einem neuen Album zu arbeiten. Das Ergebnis nennt sich „A Worthy Compensation“, ist seit dem 4. September erhältlich und wird, wenn man den Reviews der Kolleg*innen glauben darf, nicht nur von uns als das wahrscheinlich beste Synthie-Pop-Album dieses Jahres gefeiert. Wenn eine Band nach so langer Zeit einen solch großen Wurf abliefert, dann schwellen uns schon mal ein paar Fragen im Gebeiß. Aus diesem Grunde haben wir Stefan Netschio, der Stimme Beborn Betons, anlässlich der Veröffentlichung von „A Worthy Compensation“ mal ein paar dieser Fragen gestellt.

Roman Empire: Stefan, Michael, Stefan – zunächst mal eine Frage, die sich wohl so mancher Fan und Konsument gestellt haben dürfte: Wo habt Ihr so lange gesteckt? 15 Jahre seit der Veröffentlichung des letzten Albums sind eine ziiiemlich lange Zeit. Noch dazu, wo sich die Musikwelt gefühlt von Jahr zu Jahr schneller dreht.

„Wir hatten für das kommende Album allerdings unsere Ansprüche sehr hoch gesteckt und uns vorgenommen, uns alle Zeit der Welt zu nehmen, um unsere Vision eines großartigen Albums zu realisieren.“

Stefan Netschio: Seit der Veröffentlichung von „Fake“ hat sich eine Menge getan. In dem Jahr hatten wir 10-jähriges Bühnenjubiläum und passend dazu spielten wir auf den Tag genau unser erstes Konzert in den USA. Genau genommen waren es drei Konzerte. Zwei in New York und eins am Jubiläumstag in Washington D.C. Diese Mini-Tour, wenn man so will, war für uns eine Art Initialzündung, unsere Aktivitäten auf das Ausland auszuweiten. Es war uns bis dahin gar nicht so recht bewusst, welches Ansehen wir uns ausserhalb Deutschlands bereits erarbeitet hatten. 2002 gingen wir zusammen mit Apoptygma Berzerk auf eine vierwöchige USA Tour, promoteten unsere erste Veröffentlichung in den Staaten und bauten unseren Status weiter aus. Manche Lieder wie z.B. „Another World“ haben dort inzwischen Kultstatus erlangt und werden immer noch gespielt. Wir fischten eigentlich nur noch in internationalen Gewässern und spielten fast nur noch im Ausland. Unser internationales Publikum konnte uns bislang lediglich auf großen deutschen Festivals wie dem WGT sehen und so beschlossen wir, uns zunächst auf das europäische Umland, insbesondere Russland, sowie den nordamerikanischen Kontinent zu fokussieren.

In Deutschland wollten wir erst wieder Shows spielen, wenn wir mit neuem Material aufwarten konnten. So begannen wir auch wieder relativ zeitnah, neue Songs zu schreiben. Wir hatten für das kommende Album allerdings unsere Ansprüche sehr hoch gesteckt und uns vorgenommen, uns alle Zeit der Welt zu nehmen, um unsere Vision eines großartigen Albums zu realisieren. Vom Songwriting, über die Produktion, sowie die visuelle Umsetzung, hat es dann doch länger gedauert, als wir gedacht hatten. Aber diesmal sollten Zeit und Geld keine limitierenden Faktoren sein. Wir waren keiner Plattenfirma Rechenschaft schuldig und hatten keine Deadlines zu erfüllen. Also arbeiteten wir so lange an dem Album, bis wir zu 100% zufrieden waren. Diese lange Zeit der Produktionsphase stellt auch eine gewisse Form der Qualitätssicherung dar. Wenn man sich über Jahre hinweg die Faszination der Stücke erhalten kann und der Songs nicht überdrüssig wird, obwohl man sie bestimmt schon abertausende Male gehört hat, dann scheint man da was Gutes erarbeitet zu haben.

📸: Roman Kasperski

Roman Empire: Für diejenigen, die jetzt erst die Musik von Beborn Beton entdecken – beschreibt mal Eure Mucke in eigenen Worten.

Stefan Netschio: Wir haben einen großen Teil unser Jugend in den 80ern erlebt und sind mit der Musik dieser Epoche aufgewachsen. Dementsprechend kann man eine gewisse Ästhetik dieser Zeit in unserer Musik wiederfinden. Wir lieben elektronische Klangerzeuger und insbesondere Analogsynthesizer üben auf uns eine ungebrochene Faszination aus. Wenn man sich unser aktuelles Werk anhört, dann wäre unsere Musik wohl am besten als moderner Synthpop mit Hang zur Melancholie zu beschreiben. Teils balladesk, teils tanzbar. Wer weiß, was das nächste Album bringt.

Roman Empire: Es heißt, dass Ihr ein kompromissloses Album schaffen wolltet. Was bedeutet das für Euch? Was wären Kompromisse gewesen, auf die Ihr keinen Bock (mehr?) hattet? Und was war der Auslöser für diese Entscheidung? Gewohnte Pfade weiter zu betrampeln wäre sicher die einfachere Variante gewesen.

„Wenn man bedenkt, wie viele Alben man vielleicht noch produzieren wird in seinem Leben … jedes Album kann dein letztes sein, warum also nicht sich die Zeit nehmen, die es verdient? Wir sind Musiker aus Leidenschaft und müssen nicht davon leben.“

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