📸: Paninin Comics

Neustart für Marvels grausamste Schöpfung: „Carnage 1 – Wiedergeburt“ ist so teuflisch, blutig und bitterböse, wie man es erwarten kann

Das letzte Mal, als an dieser Stelle Marvels wahrscheinlich grausamste Schöpfung, Carnage, das Thema war, erlebten wir den außerirdischen Symbionten auf einer Metzeltour quer durch das Multiversum. Sein Ziel: die vollständige Auslöschung aller Venom-Symbionten, also dem schwarzen Gegenstück. Je nach Multiversum und Wirt nicht weniger blutrünstig, aber dennoch kein Vergleich zu dem roten Alien. Losgelöst von seinem bisherigen Wirt, dem Massenmörder Cletus Kasady metzelte sich Carnage quer durch die Dimensionen und saugte die Kräfte aller erledigten Venoms in sich auf. Dadurch war er im Begriff, eine Art Gottheit zu werden. „Carnage – Wiedergeburt“, quasi eine Art Neustart für das Monster, klinkt sich ein bisschen ein in die Ereignisse von „Der Tod des Venomverse“. Und so viel sei an dieser Stelle schon verraten: Es macht vieles besser als das multidimensionale Massaker!

Im ersten Teil dieses Bandes ist Carnage, losgelöst von seinem nicht minder grausamen Wirt, unterwegs durch die Multiversum, um Venoms aller Geschmacksrichtung aufzuspüren, zu töten und idealerweise ihre Kräfte in sich aufzunehmen. Auf einer der zahlreichen Parallelwelten macht Carnage Bekanntschaft mit einem Wesen, das ein besonderes Interesse daran hat, freundliche Spinnen aus der Nachbarschaft um die Ecke zu bringen. Nur dass die Spinne in dieser Welt nicht freundlich ist – und nicht in der Darreichungsform angeschossen kommt, wie man es vielleicht hätte erwarten können. Aber wenn beispielsweise „Extreme Venomverse“ und „Der Tod des Venomverse“ eines gezeigt haben, dann: Es kein Gedankenspiel zu abgedreht, was die Vermischung von Gut und Böse angeht. Dieser Einstand liest sich so weg, ist aber kein allzu großes Highlight und eher wie ein zartes Nachbeben bereits bekannter Ereignisse zu sehen.

Spannender wird es im zweiten Teil. Da nämlich vereinen sich Carnage und Cletus Kasady wieder zu der brutalstmöglichen Tötungsmaschine. Und fangen umgehend damit an, ihren Blutdurst zu stillen. Sie tun das in Anspielung biblischer Ereignisse bzw. Persönlichkeiten. Wer nun aber glaubt, na bitte, alles wie immer im Hause Carnage, irrt. Denn: es ist nicht der bisherige Cletus Kasady, der seinen Körper dem außerirdischen Wesen zur Verfügung stellt. Und wenn das nicht der bisherige Cletus ist – wo ist dann das vermeintliche Original? Und was hält der von alledem? Zudem ist da auch noch Flash Thompson als Anti-Venom unterwegs, dessen Wirt ebenfalls ein Hühnchen mit Carnage zu rupfen hat …

📸: Auszug aus „Carnage 1 – Wiedergeburt“. Erscheint beim Panini Verlag.

Vor allem die von Torunn Grønbekk geschriebene Story, also der zweite Teil des Bandes, schindet ganz schön Eindruck. Gespickt mit religiösen Bezügen sowie einem bissigen Kommentar auf Social Media und Verschwörungswissen im Stile der Youtube University wird das Duo Carnage/Kasady hier wieder als das porträtiert, was es ist: das absolut Böse, dem es einzig und alleine um Mord und Totschlag geht. Gleichwohl überkommt mich das Gefühl, es hier auch mit einer bitterbösen Gesellschaftssatire zu tun zu haben. Manche Szenen sind so spannend inszeniert – die gelungenen Zeichnungen von Pere Pérez und dessen Talent für die diabolische Mimik von Carnage tragen einiges dazu bei – dass ich mich dabei ertappt habe, die Luft angehalten zu haben!

Warum es nun ausgerechnet Anti-Venom in Gestalt von Flash Thompson ist, der als vermeintlicher Schutzschild der außerirdischen Grausamkeit in den Weg gestellt wird, weiß bislang nur die Autorin. Nach „Die Herrschaft von Carnage“ ist das hier wieder richtig, richtige starke und sehr düstere Comiclektüre. Da kann man rückwirkend für die meines Erachtens eher schwachen Exzesse im Multiversum dann auch mal beide Augen zudrücken. Ich bin gespannt, ob das hohe Niveau gehalten werden kann, bin aber erst einmal sehr guter Dinge!


Erscheinungsdatum
1. August 2024
Verlag
Panini
Autor*in
Christos N. Gage, Torunn Grønbekk, Ram V
Zeichner*in
Francesco Manna, Pere Pérez
Seiten
136
Storys
Web of Carnage (2023) 1, Carnage (2024) 1–4
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