Okay, fangen wir direkt mit dem Banger an: Ich mag Robin nicht. Wirklich nicht. Als einzige Ausnahme würde ich den Robin aus der 1960er-Jahre Fernsehserie durchgehen lassen, ansonsten: ganz gleich, wer in dem Kostüm des Rotkehlchens steckte, es war (und ist!) für mich stets eine Ergänzung zu einer Figur, die keine Ergänzung benötigt.
Batman, der dunkle Ritter Gothams, strahlte seine größte Faszination immer dann aus, wenn er alleine durch die Nacht zog, um das Verbrechen zu bekämpfen. Aktuelle Knüller wie „The Killing Time“ oder „Der Gargoyle von Gotham“ würden vermutlich nicht einmal ansatzweise so gut funktionieren, wenn Batman hier auch mit dem Anhängsel unterwegs wäre. Dabei funktionieren Batmans ehemalige Schützlinge, Nightwing zum Beispiel, ebenfalls sehr gut – als eigenständige Charaktere, die sich nicht an die Fledermaus heranwamsen müssen.
„Dawn of DC“, die aktuelle Programmausrichtung von Detective Comics, war in den vergangenen Wochen und Monaten hier schon manches Mal das Thema. Ziel dieser Initiative ist es, bekannte Figuren des Verlags in frische neue Storylines zu packen, die Neulinge genauso ansprechen sollen wie alte Hasen. Das hat teilweise schon ganz gut geklappt. Ich zeige hier gerne mit beiden Fingern auf den ersten Band von „Pinguin“, ebenfalls in Umfeld der weltberühmten Fledermaus angesiedelt. Dass auch Batman entsprechend bedacht werden würde, war so sicher wie das Amen in der Kirche. Der erste Band, „Batman und Robin 1: Vater und Sohn“, macht dem Namen alle Ehre. Und wem es ähnlich geht wie mir, wird es hier möglicherweise sehr schwer haben.
Dabei macht dieser Auftakt ganz schön viel richtig, wenn man subjektives Genöhle wie das von mir ausblendet oder gar nicht erst ein Problem damit hat, dass Batman nicht nur wieder mit dem Boy Wonder unterwegs ist, sondern es sich dabei auch noch um seinen Sohn Damian handelt. Wer es verpasst hat: irgendwie ist Talia al Ghul, die Tochter des mächtigen Ra’s al Ghuls, schwanger geworden. Bienchen und Blümchen werden dabei keine größere Rolle gespielt haben, nehme ich an, und nach einer Jungfrau Maria sieht sie mir auch nicht aus. Jedenfalls bringt sie einen Sohn – Bruce Waynes Sohn – zur Welt, der in ihrer Obhut zu einem tödlichen Assassinen heranreift. Irgendwann später gelangt Damian Wayne in die Obhut von Bruce Wayne, die väterlichen Pflichten übernimmt bis zu dessen unfreiwilligen, Bane-bedingtem Ableben jedoch wieder einmal Alfred Pennyworth. So viel zur Ausgangslage.
Bruce und Damian residieren mittlerweile in einer Stadtwohnung, die Villa nebst ausschweifender Bathöhle haben sie hinter sich gelassen. Und weil sich Bruce Wayne abmüht, irgendwie im Nachgang doch noch etwas wie ein Vater werden zu wollen, beschließt er: Der Junge muss nicht nur an die frische Luft, er soll auch zur Schule! Also so eine richtige, mit Mathe, Sport und Kreide holen.
Dass ein Knabe mit Damians Vergangenheit und Fähigkeiten nicht direkt zum beliebtesten Schüler des Jahrgangs wird, ist klar. Doch schnell hat sein zunächst widerwilliger Aufenthalt auf der Highschool auch einen sehr praktischen Nutzen für das dynamische Duo, denn die Rektorin scheint nicht nur mit Damians grausamer Ausbildung in seinen Kindertagen zu tun gehabt zu haben, sondern auch mit der aktuellen Bedrohung für Gotham in Form des wiedererwachten Man-Bats (und anderen üblen Charakteren) in Verbindung zu stehen. Vielleicht manchmal doch ganz praktisch, sich der Fußballmannschaft anzuschließen …
Die Inszenierung ist super rasant, hier wurde, speziell was die Vermittlung von Geschwindigkeit und Dynamik angeht, so manches Stilelement aus Mangas übernommen. Zudem: Tolle Perspektiven, spannende Posen, überragende Mimik und Gestik. Die Farben sind nicht weniger als brillant und überhaupt: flotter ließe sich das nur noch als Trickfilm bzw. Anime realisieren, denke ich. Hier haben die verantwortlichen Kunstschaffenden ganze Arbeit geleistet, keine Frage. Auch hat Autor Joshua Williamson durchaus ein Gespür für die besondere Situation für Vater und Sohn, denen die Mutter bzw. Frau fehlt.
Aber dennoch: mir ist das alles zu sehr Teenie Drama hier. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Zielgruppe dieses Comics in ungefähr dem gleichen Alter ist, wie der hier dargestellte Robin. Und dass sich Bruce und Damian permanent mit „Vater“ und „Sohn“ ansprechen, ging mir irgendwann auf den Docht. Hallo? Ich bin selbst Vater und ich rede mit meinem Kind doch auch nicht so! Beinahe wirkt es, als wollten die beiden Herren mit aller Macht verhindern, einander mit Namen anzusprechen. Manchmal tun sie es, freilich, aber dennoch wirkt das irgendwie seltsam. Vielleicht ist das aber auch ein bewusstes Stilmittel, um die noch immer vorherrschende Entfremdung zwischen Damian und Bruce zu verdeutlichen. Dann wiederum wäre das ein durchaus gutes Stilmittel gewesen.
Es schlagen also zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits erkenne ich an, dass dieser Auftakt vieles richtig macht. Andererseits ist da stets dieses Denken, dass die Figur Batman immer dann für mich optimal funktioniert, wenn sie alleine durch die Nacht flattert. Jedes Teamup, jede Beteiligung an einer Gruppierung oder, wie hier, jedes Familiengeplänkel nimmt meines Erachtens Mystik und Spannung aus der Figur. Aus diesem Grund mag ich übrigens die „The Dark Knight“-Trilogie von Christopher Nolan so gerne. Hier wurde die Essenz der Figur meines Erachtens perfekt eingefangen. Dennoch möchte ich aufgrund persönlicher Präferenzen diesem Auftakt eine Empfehlung nicht vorenthalten. Wer Batman (und Robin) gerne aus einem anderen Blickwinkel betrachtet als ich, kann mit diesem ersten Band gewiss viel Spaß haben.