📸: Panini Comics

Wie weit würdest Du gehen, um ein Kind zu retten? „Moon Knight: Die Stadt der Toten“ führt den Mondritter direkt in die ägyptische Unterwelt

Dass ich Moon Knight für eine der spannendsten Figuren aus dem Haus der Ideen halte, habe ich schon erwähnt, oder? Habe ich doch? Falls nicht, hier die kurze Abholung ins Boot. Die gleichnamige Serie bei Disney+ hat all das, was den Charakter für mich spannend macht, ganz hervorragend umgesetzt. Oder besser: die Charaktere. Denn in einem Körper wohnen gleich mehrere Seelen, allen voran der ehemalige Söldner Marc Spector.

Dereinst vor der Statue des ägyptischen Gottes Khonshu verendet und von diesem ins Leben geholt, nun quasi dessen Avatar im Kampf gegen das Böse. Aber immer noch mit massiven Persönlichkeitsstörungen. Alleine schon der mehrfachen Persönlichkeiten wegen ließen sich viele Geschichten rund um den Mondritter finden. Dazu die konsequente und fortwährende Einbindung ägyptischer Mythologie und fertig ist der Lack. Immer wieder kommen dabei auch ziemlich spannende Storylines dabei heraus, so wie aktuell in „Moon Knight: Stadt der Toten“, einem in sich geschlossenen Einzelband.

Mit großer Macht kommt große Verantwortung. Den Spruch brachte Peter Parkers Onkel Ben an, ziemlich kurz vor dessen Ableben. Und während wir heute in einer Welt leben, in der man diesen Spruch Typen wie Elon Musk auf die Stirn tätowieren müsste, lässt er sich auch auf andere Superwesen anwenden. Prinzipiell gilt das natürlich für alle Held*innen mit besonderen Kräften, aber wenn göttliche Kräfte ins Spiel kommen, so wie im Falle von Marc Spector/Moon Knight, dann ist das direkt ein spezialgelagerter Sonderfall.

Als Faust Khonshus (oder wenigstens: als eine Faust) hat Spector jede Menge Feinde. Feinde, so wie die Sons of the Jackal beispielsweise, die ebenfalls nicht so gänzlich unbedarft sind auf dem weiten Felde des Übernatürlichen. Und wenn sich zwei Parteien streiten, stirbt eine Dritte. Oder wenigstens nahezu. So wie in diesem Fall der Junge Khalil, der nicht nur zwischen die Fronten gerät, sondern direkt die Zielscheibe gewesen zu sein scheint. Was kann eine armselige Gruppierung wie die Sons von einem Teenager wollen? Warum will sie diesem so sehr ans Leder, dass er sterben soll?

Khalil ist für wenigstens fünf Minuten tot. Um seine Seele zu retten und den Jungen ins Leben zurückzuholen uuund darüber hinaus herauszufinden, was es mit dem Angriff auf sich hat, fasst Spector einen wahnwitzigen Plan: Er steigt hinab in die Unterwelt, in die Stadt der Toten. Dort trifft er nicht nur auf seine Ex-Freundin Layla El-Faouly, die Verschlingerin Ammit und unzählige tote Widersacher des Moon Knights, sondern erlangt auch die Erkenntnis, was es mit Khalil wirklich auf sich hat und wer hinter alledem steckt. Ich sag’ mal so: Manche Beziehung ist mit schwierig noch ganz gut umschrieben …

📸: Auszug aus „Moon Knight: Stadt der Toten“. Erscheint beim Panini Verlag.

Dieser wunderbar unterhaltsame und durchaus spannende Abstieg in die von ägyptischer Mythologie geprägte Unterwelt stammt aus Feder von David Pepose, jenem Mann also, der dem Punisher gerade erst einer gelungenen Frischzellenkur unterzog. Die Geschichte um den Versuch der Rettung von Khalil, vermeintlich als Unschuldiger zwischen die Fronten geraten, ist randvoll mit Elementen ägyptischer Unterweltserzählungen. Und zwar in einem Maße, dass es dafür empfängliche/interessierte Personen dazu animieren kann, sich bei Wikipedia usw. weiter in die Materie einzulesen.

Zudem ist der Auftritt von Layla, der Freundin von Marc Spector, gut und sinnvoll in die Geschichte integriert. Das ist deshalb besonders, weil Layla eine Figur ist, die nicht ursprünglich einem Comic entstammt, sondern für das Marvel Cinematic Universe geschaffen wurde. Überhaupt dürfte dieser Comic vor allem jene Moon-Knight-Fans ansprechen, die sich für die Serie erwärmen konnten. Der Mondritter hier ist einfach ein ganz anderer Schnack als beispielsweise in der „Moon Knight Collection von Brian Michael Bendis“. Ich muss sagen, der hier dargestellte Marc Spector/Steven Grant/Jake Lokeley/usw. holt mich direkt auch mehr ab.

Die Zeichnungen von Marcelo Ferreira und Sean Damien Hill gehen auch mehr als klar, wären aber vielleicht etwas weniger spektakulär ohne die leuchtenden Farben von Rachelle Rosenberg und Fer Sifuentes-Sujo. Speziell das Glühen des weißen Mondritteranzugs wirkt förmlich blendend! Dass es das in Wahrheit natürlich nicht tut, weiß ich selbst, aber der Effekt ist schon bemerkenswert.

Es bleibt die Erkenntnis, hier rund 120 Seiten guter, wenn auch nicht überragender Moon-Knight-Action genossen zu haben. Mit Betonung auf Genuss. Würde ich Punkte vergeben, sagen wir mal auf einer Skala von 1 bis 10, dann kassierte dieser Comic eine Wertung von sieben Punkten. Für eine noch höhere Wertung hätte das Finale etwas dramatischer und endgültiger ausfallen dürfen. Fans der Fernsehserie können aber noch ein bis zwei Punkte aufaddieren. Eine Fehlinvestition ist die Anschaffung dieses Comics keinesfalls, ganz im Gegenteil.


Erscheinungsdatum
2. Juli 2024
Verlag
Panini
Autor*in
David Pepose
Zeichner*in
Marcelo Ferreira
Seiten
120
Storys
Moon Knight: City of the Dead 1–5
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