Jau, ich weiß: Ich komme ein bisschen spät zu dieser Party. Action- bzw. Sammlerfiguren im Maßstab 1:6 sind keine Neuheit. Die Firma Hot Toys ist seit wenigstens rund 20 Jahren damit beschäftigt, hochwertige (und daher auch ziemlich hochpreisige) Figuren auf Barbie-Größe zu allen möglichen Franchises zu produzieren. Batman, RoboCop, Star Wars oder Marvel mit gefühlt 100 verschiedenen Versionen von Iron Man – Hot Toys ist ziemlich umtriebig, bekommt in letzter Zeit aber zunehmend Konkurrenz von Drittanbietern, denen es vielleicht an der offiziellen Lizenz fehlt (so heißt zum Beispiel die Figur des Terminators aus „Terminator 2“ von Present Toys nur Future Warrior), die aber immer mehr mit Hot Toys aufholen und beginnen, denen das Wasser abzugraben. Zuletzt machten in Sammlerkreisen zwei Joker-Figuren die Runde. Einmal der aus „The Dark Knight“ mit dem Antlitz von Heath Ledger der Firma InArt und einmal der aus der „Batman“-Serie von 1966 der Firma Mars Toys, hier einfach nur „Prank Villain“ genannt. Mir geht es heute aber um ein Produkt der Firma Hot Toys, von vielen Sammelnden immer noch als eine Art Ur-Vater der 1:6-Figuren angesehen.
Wie gesagt, ich kam spät dazu. Genau genommen wurde mein Interesse an Figuren aus dem Hause Hot Toys bzw. in dieser Größe erst im vergangenen Jahr geweckt. Actionfiguren gesammelt habe ich eigentlich schon immer. Zuletzt waren es Star Wars-Figuren aus der „The Black Series“-Reihe von Hasbro. Die sind deutlich kleiner – und wenn man nicht gerade vergriffenen Exemplaren bei eBay oder auf irgendwelchen Börsen nachjagt, auch sehr viel günstiger. Nicht zuletzt aufgrund der Größe aber auch Welten von dem entfernt, was im 1:6er-Bereich abgeliefert wird. Ich war bestimmt auf der Suche nach einer weiteren Star-Wars-Figur, als ich auf meine erste Hot-Toys-Figur aufmerksam wurde: „Spider-Man: Spider Armor MK IV“, basierend auf dem Videospiel „Marvel’s Spider-Man“ von Insomniac Games, erschienen für Sonys Playstation (und kürzlich auch für den PC). Und auch wenn mich der Preis von 299 Euro erst abgeschreckt hat – die Produktfotos haben diesen Haben-Wollen-Reflex irgendwann so stark werden lassen, dass ich nach Wochen des Browser-Fenster-Refreshings, Stöbern in einschlägigen Gruppen bei Facebook usw. letztlich doch auf Bestellen geklickt habe.
Dann war mein ursprünglicher Plan, diese Figur genauso zu behandeln, wie meine Star-Wars-Figuren. Nämlich gar nicht. Ab in ein Acrylgehäuse damit und dann stehen lassen, bis das Männeken irgendwann mal an Wert gewonnen hat. Und schlussendlich an mein Kind vererben. Ich hatte mir sogar eigens ein Acrylgehäuse anfertigen lassen dafür. Aber die Neugier nach der Figur, nach dem Auspacken und Aufstellen war zu groß, sodass ich dieser Versuchung irgendwann nachgab. Beste Entscheidung in meiner Sammlerkarriere bisher überhaupt – nur nicht für meinen Geldbeutel. Solltet Ihr ebenfalls neu sein in diesem Sammelgebiet: Versucht gar nicht erst, dieser Versuchung zu widerstehen. Hot-Toys-Figuren stecken so voller Details, sind so schön anzusehen, dass es eine wahre Wonne ist! Ich verbringe mehrmals täglich Zeit damit, meine Figuren, gut geschützt hinter einer handelsüblichen „Detolf“-Vitrine von IKEA (wie gemacht für diese Figuren!) zu bewundern und mich daran zu erfreuen. In den besagten Gruppen oder auch bei Instagram findet Ihr Fotos von Menschen, die dieses Hobby noch viel weiter treiben. Sei es durch den Bau von passenden (und allermeist wahnsinnig beeindruckenden) Dioramen, sei es durch coole Posen (viele Figuren lassen sich durch zahlreiche Artikulationspunkte in den Gelenken usw. auf beeindruckende Weise in Szene setzen) oder sei es durch Fotografien, die alle genannten Aspekte kombinieren. Ich gebe zu: Ich bin kein Poser. Mir reichen meine Figuren in der sogenannten Museumspose (also quasi so, wie sie in der Packung liegen) oder nur mit geringen Abwandlungen davon. Aber ich staune immer wieder, was andere damit anstellen.
So, und nach dieser länglichen Einleitung, warum ich mich hier nun auch noch über Spielzeuge (oder sagen wir besser: Sammelgegenstände, zum Bespielen sind die Figuren mit einem Anschaffungspreis von meist mindestens 250 Euro viel zu teuer und auch zu schade) äußere. Heute ist die Black Widow: Natasha Romanoff in der Snow-Suit-Variante (Movie Masterpiece Series, MMS 601) bei mir eingezogen. Hach, und das darf ich vorwegschicken: was für ein Schmuckstück!
Schick, aber auch teuer
Zunächst einmal fällt die wie üblich hübsch bedruckte Packung ins Auge. Sie kommt mit einem halb transparenten Schieber, unter der sich die eigentliche, bedruckte Pappbox befindet und die sich aufklappen lässt. Aufgeklappt gibt sie den Blick auf das Innere frei.
Die Figur selbst ist rasch ausgepackt und von den üblichen Folien befreit. Lediglich die Folie, die man Natasha um den Hals gewickelt und halb in den Aussteck gesteckt hat, ist eher von hartnäckiger Natur und erfordert die vorübergehende Abnahme des Kopfes. Beim Kopf fällt direkt auf, was manche Sammelnde vielleicht als Nachteil dieser Figur ansehen mögen: In dieser Variante der Black Widow trägt Natasha, so wie im Film „Black Widow“, ihre langen Haare offen. Es gibt Versionen der Black Widow, in denen das ähnlich ist, die aber über sogenanntes rooted Hair, also Haare, die auf die „Kopfhaut“ der Figur angebracht wurden, verfügen. Wenn Ihr Barbies kennt, bekommt Ihr eine Vorstellung davon, was ich meine. Diese Natasha hier aber hat modelliertes Haar. Es ist starr und unbeweglich, was die Möglichkeiten, ihren Kopf zu bewegen, extrem einschränken. Mich selbst stört es null, weil wie gesagt: Museumspose und so, ich verstehe aber, wenn man das als Kritikpunkt anbringen möchte.
Artikulationsmöglichkeiten eingeschränkt, Zubehör eher geht so – aber die Figur selbst: Weltklasse!
Der Rest der Figur lässt aber keinerlei Zweifel aufkommen. Der weiße Anzug ist einfach hervorragend und sehr filmgetreu umgesetzt worden. Inwiefern das gummiartige Material mit dauerhafter Belastung durch Posieren zurechtkommt, wird sich zeigen. Da die Figur recht neu ist, gibt es hier noch keine Erfahrungswerte. Aber schon die offiziellen Produktfotos von Hot Toys lassen den Eindruck entstehen, dass es sich nicht um die biegsamste Figur handelt, die sie bisher geschaffen haben.
Das Zubehör ist zahlreich und reicht von u.a. zehn verschiedenen Händen, die anstelle der im Auslieferungszustand befestigten angebracht werden können, drei Pistolen, ein paar Schlagstöcken nebst austauschbarer Schlagstockspitzen bis zum obligatorischen bedruckten Display-Ständer mit Namensschild. Das Zubehör wirkt dabei leider teilweise nicht so hochwertig wie die Figur selbst. Die Pistolen beispielsweise könnten auch einer Figur beiliegen, die nur ein Zehntel kostet. Aber da will ich nicht kleinlich sein. Das Gesicht von Black-Widow-Darstellerin Scarlett Johansson wurde für meinen Geschmack ganz hervorragend getroffen. Ich bin immer noch beeindruckt, wie sehr man in dem für eine Modellierung eines Kopfes und Gesichts kleinen Maßstab eine solche Präzision, eine solche Detailfülle hinbekommt. Ich weiß nicht, ob dieses Staunen darüber jemals nachlassen wird. Wenn ich mich in den besagten Gruppen so umschaue, scheint das mit jeder neuen Veröffentlichung, egal ob Hot Toys oder einer der Konkurrenzfirmen, immer von Neuem zu entflammen. Vielleicht wäre noch ein zweiter Kopf, der einen anderen Gesichtsausdruck zeigt, für dynamischere Posen wünschenswert gewesen. Vorstellbar aber, dass dies den Preis um 50 Euro in die Höhe getrieben hätte.
Geduld muss man übrigens mitbringen, wenn man sich entscheidet, in dieses Hobby einzusteigen. Von der Ankündigung einer Figur bis zur tatsächlichen Veröffentlichung vergehen schon mal bis zu zwei Jahre. Diese Black Widow hier zum Beispiel wurde auf der Facebookseite von Hot Toys im Juli 2021 erstmals erwähnt. Und dann muss es von Asien noch rüber zu Sideshow, dem größten Distributor außerhalb Asiens, der es dann wiederum an die hiesigen Händler verteilt. Natürlich kann man auch direkt in Hongkong bestellen. Wenn Ihr in das Thema einsteigt, werdet Ihr verschiedene Anbieter ausfindig machen – aber Zoll, Mehrwertsteuer und was weiß ich nicht noch alles nachträglich auf den vermeintlich günstigeren Preis und die schnellere Verfügbarkeit obendrauf kommende, gehört zu den abzuwägenden Dingen bei der Entscheidungsfindung, wo man kauft. Diese mitunter lange Wartezeit hat natürlich den Vorteil, dass man ausreichend Zeit hat, sich entsprechend viel Milchgeld anzusparen. Denn auch das ist eine der Kehrseiten dieses Hobbys: So schön, so detailliert, so beeindruckend Figuren in dieser Größe auch sein mögen – billig sind sie nicht.
Aber: Ich habe viele Hobbys im Laufe meines Lebens ausprobiert und irgendwann wieder verworfen. Ich kann mich jedoch nicht erinnern, wann ich zuletzt ein solches Gefühl absoluter Zufriedenheit erlebt habe. So manches Mal habe ich schon mein vierjähriges Kind betrachtet und mir gewünscht, ich könnte noch einmal diese aufrichtige Freude, dieses kindliche Staunen über Dinge erleben, wie mein Kind, das die Welt gerade entdeckt. Soll ich Euch was verraten, Freunde? Dank dieser Figuren, von denen inzwischen eine Handvoll bei mir wohnt, komme ich an dieses Gefühl sehr dicht ran. Und das ist mir so manchen vom Munde abgesparten Taler wert!
Sehr lange Rede, kurzer Sinn: die weiße Black Widow ist ein Blickfänger in vermutlich jeder 1:6-Sammlung – alleine schon wegen des weißen Outfits und macht auch dann eine gute Figur, wenn der Fokus nicht speziell auf Marvel liegt. Einschränkungen hinsichtlich des Posings kann man sicher genauso gut verkraften wie den Umstand, dass das Zubehör teilweise nicht annähernd so hochwertig wirkt wie die Figur selbst. Mit einem Straßenpreis von derzeit rund 250 Euro gehört sie zudem sicher zu den günstigeren Hot Toys. Ich jedenfalls bin außerordentlich zufrieden mit dieser Anschaffung.
Was ist in der Box?
- Eine neu entwickelte Kopfskulptur mit authentischem und detailliertem Ebenbild von Scarlett Johansson als Black Widow in Black Widow
- Filmechte Gesichtsausdruck und Make-up
- Hochdetaillierte rotbraune Haarskulptur von Black Widow
- Körper mit über 28 Gelenkpunkten
- Ca. 28 cm groß
- Zehn (10) austauschbare Hände, einschließlich:
- Ein (1) Paar Fäuste
- Ein (1) Paar Schlagstock haltende Hände
- Ein (1) Paar Pistolen haltende Hände
- Zwei (2) Paare Gestikulation Hände
- Jede Kopfskulptur ist speziell von Hand bemalt
Kostüm:
- Ein (1) neu entwickelter weißer Einteiler mit Schulterpanzerung
- Ein (1) Paar schwarze Handgelenkschützer
- Ein (1) schwarzer Gürtel mit Pistolenholstern an den Oberschenkeln
- Ein (1) Paar weiße Plateauschuhe
Waffen:
- Ein (1) Paar Schlagstöcke
- Ein (1) Paar Gelenkschlagstöcke
- Drei (3) Paare austauschbare Schlagstockspitzen in verschiedenen Stilen (normal, Betäubungsschlagstöcke und Eispickel)
- Drei (3) Pistolen
Zubehör:
- Ein (1) nicht abnehmbarer Schlagstockrucksack mit zwei (2) abnehmbaren Schlagstockgriffen
- Ein themenbezogener Figurenständer mit Filmlogo und Charakternamensschild