Es muss eines Tages im Spätherbst 2000 gewesen sein, als mir die erste Ausgabe von „Ultimate Spider-Man“ in die Hände fiel. Meine erste, große Phase als Comicleser näherte sich rückblickend langsam aber sicher dem Ende, während hingegen das Haus der Ideen, Marvel, anfing, bekannte Geschichten und Helden neu zu interpretieren. „Ultimate Spider-Man“ war ein Teil davon, seinerzeit von Brian Michael Bendis geschrieben und von Mark Bagley gezeichnet. Daraus entwickelte sich im Prinzip ein ganzer Parallelwelt-Ramabazamba, aus dem, davon bin ich überzeugt, sich die noch heutige gültige Vorstellung der Multiversen ableitete. Die Parallelwelt – oder eben das Ultimative Universum – ist von Marvel mit viel Tamtam auch wieder eingestampft worden. Übrig geblieben sind im Prinzip nur der populäre Spider-Man aus Brooklyn, Miles Morales, und das bösartige Gegenstück von Reed Richards, inzwischen nur noch bekannt als Maker. Und um ebendiesen Maker dreht sich auch die Handlung des im Februar veröffentlichten ersten Bandes von „Ultimate Invasion“. Wenn so ein Superlativ schon Teil des Titels ist, dann steht der Inhalt dem doch in nichts nach, oder? Höm. Nicht zwingend, sag ich mal so.
Der Maker, der sich, um seine ohnehin schon mächtigen geistigen Fähigkeiten noch weiter zu steigern, irgendwann mal die Birne so weit erweiterte, dass er nun auch als 1A Conehead durchginge, hat es mit List und Tücke geschafft, seinem Gefängnis zu entfliehen. Und scheinbar war das sooo schwer nun auch wieder nicht. Jedenfalls ist das böse Gegenstück zu Reed Richards von den Fantastic Four nu unterwegs, um eine Reihe von Ereignissen in Gang zu setzen, die den Lauf der Welt für immer verändern. Logisch, mit weniger kann sich so ein superduper Oberbösewicht im Prinzip ja auch nicht zufriedengeben. Was sollen die Leute denken! Allerdings sieht sein Plan es vor, auch rückwirkend in Ereignisse einzugreifen. So ist der Maker beispielsweise just in jenem Moment zur Stelle, kurz bevor ein gewisser Peter Parker von einer radioaktiv verseuchten Spinne gebissen wird. Und zerklatscht das Insekt, ehe dieser Biss zur Geburtsstunde von Spider-Man werden konnte. Will sagen: In der Welt, die der Maker sich nach seinen Vorstellungen erschafft, hat es Spider-Man nie gegeben! Und auch Tony Stark beispielsweise ist nie in eine Iron-Man-Rüstung geklettert. Dafür aber sein Vater, Howard. Und dass solcherlei Veränderungen Nachspiele mitbringen, liegt eigentlich auf der Hand, ne?
Ach, es hätte schön werden können, mit diesem neuerlichen Ausflug in das Ultimate Universe. Leider ist gut gemeint oft das Gegenteil von gut gemacht und so ist es auch hier. Die Story ist in der Theorie ganz nett, wenn auch nicht zwingend spektakulär neu, aber in der Ausführung löchrig wie ein Schweizer Käse und dabei gar nicht mal so spannend. Ich weiß nicht, ob es dem Autor Jonathan Hickman vorgeben war, sich auf gerade mal vier Hefte zu konzentrieren, um diesen Auftakt einzutüten. Möglich ist das. Hat aber den Nebeneffekt, dass der Anfang zunächst noch einigermaßen okay ausfällt, beinahe spannend, ehe sich das ganze Konstrukt in eine ziemlich wirre und nur noch leidlich unterhaltsame Angelegenheit entwickelt. Zumal irgendwann auch nicht mehr klar ist, in welcher Welt bzw. Dimension wir uns bewegen. Hat sich der Maker eine neue Paralleldimension erschaffen? Wenn ja – na ja, dann lasst ihn doch machen, sachtma! Und wenn nicht – warum ist das nicht deutlicher hervorgehoben, dass er längst die Erde-616 (also das originale Universum, den OG quasi) nach seinen Vorstellungen geformt hat? Und warum ist mir das trotzdem vollkommen egal?
Die Zeichnungen von Bryan Hitch sind hier okay, tragen aber nichts dazu bei, dass mich an „Ultimate Invasion: Ultimative Schöpfung“ noch etwas positiv stimmt. Es mag an den Farben liegen, aber der optische Eindruck wirkt ein bisschen wie etwas, das ich aus einem Kaugummi-Automaten gezogen haben könnte.
Alles allem würde ich sagen: Das war ein Satz mit x. Wenn „Ultimate Invasion: Ultimative Schöpfung“ der Versuch war, die Idee der frühen 2000en, mit den Parallelwelten und der Neuinterpretation von bekannten Stoffen und Pipapo, dann ist dieser kläglich gescheitert. Wenn das der Versuch war, eine Art von „What if…?“-Story zu schaffen, die vielleicht etwas auftischt, was man nicht so oder ähnlich an anderer Stelle schon mal konsumiert hätte, dann ist auch dieser Versuch kläglich gescheitert. Vielleicht klärt sich eines Tages noch auf, was Hickman und Hitch mit dieser Parallelwelt-Action tatsächlich vorhaben. Meine Motivation, dies herauszufinden, hält sich aber sehr in Grenzen, muss ich sagen.