Bis zum Kinostart von „Deadpool & Wolverine“ sind es zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels nur noch rund zwei Wochen. Social Media wird schon seit Tagen geflutet mit Postings zum Thema, die beiden Hauptdarsteller Ryan Reynolds (Deadpool) und Hugh Jackman (Wolverine) sind sogar am Spielfeldrand eines EM-Fußballspiels oder mit einer Currywurst in Berlin gesichtet worden.
Logisch, dass im Zuge dessen auch die Schlagzahl der Comics, die sich mit einem oder beiden der Protagonisten des Films beschäftigen, erhöht wird. Vor noch gar nicht langer Zeit war erst die umfangreiche und sehr gelungene „Deadpool Anthologie“ hier das Thema. Ein mächtig dicker Wälzer, den ich immer noch für einen der besten Zusammenstellungen halte, um in die Thematik rund um den Söldner mit der großen Schnauze einzusteigen.
Mit „Deadpool – Noch mehr böses Blut“ erschien die Tage ein weiterer Comicband bei Panini, in welchem unter anderem die Helden des kommenden Films eine tragende Rolle spielen. Bemerkenswert ist hier vor allem, dass „Deadpool“-Schöpfer Rob Liefeld an den Zeichentisch zurückkehrte, um seine Kreation in Szene zu setzen. Was dabei herausgekommen ist, das soll nun das Thema im weiteren Textverlauf sein.
Im Gegensatz zu besagter Anthologie hält sich dieser Comic nicht damit auf, irgendwelche Hintergründe zu den handelnden Charakteren zu erklären, sondern schmeißt seine Leserschaft mitten hinein in rund 140 Seiten purer Action. Eine ultradünne Handlung, aber viel Action. Ich bin mir ohnehin nicht sicher, ob sich eine Figur wie Deadpool dafür eignet, Geschichten zu erzählen, die ein Mindestmaß an Anspruch erfüllen. Aber vielleicht muss ja auch nicht immer alles hochtrabend, bedeutungsschwanger und pseudo-intellektuell sein. Vielleicht reicht es auch, wenn Comics einfach Spaß machen.
Und da kann „Deadpool – Noch mehr böses Blut“ schlicht und ergreifend … nicht liefern. Sorry, Rob. Aber die Handlung, in der unser beliebter Anti-Held mit dem losen Mundwerk in eine Art Simulation geworfen wird, die anderswo als Multiversum verkauft wird, ist haarsträubend. Und ziemlich dämlich.
Das Script des Comics würde auch auf einen Bierdeckel passen
Denn nicht nur, dass Cable, Wolverine und Spider-Man in dieser Handlung verbraten werden, nö, auch Venom und Venompool (jupp…) dürfen sich mit dem Rotkäppchen prügeln. Und das alles, weil Deadpool eigentlich seinen Kumpel Thumper retten wollte. Um hier mal die German answer to everything zu platzieren: tja.
Für die dürftige Handlung war jedoch nicht Liefeld alleine verantwortlich, Co-Autor war Chad Bowers. Das Einzige, was mir hier wirklich gut gefallen hat, waren die Referenzen an „Star Wars“. Liefelds Inspiration für Deadpool soll dereinst der Kopfgeldjäger Boba Fett aus eben jenem Sternenkriegsmärchen geliefert haben. Daher nicht sooo überraschend, aber charmant.
Die Zeichnungen hingegen stammen von Liefeld alleine. In den 90er-Jahren sowie in den frühen 2000ern wäre ich vielleicht noch beeindruckt gewesen von den kantigen Gesichtern und den Muskelmassen jenseits jeglicher menschlicher Proportionen, heutzutage amüsiert mich das eher.
Gleichwohl bin ich mir natürlich bewusst, dass dies ein Comic von Superhelden ist (bewusst die männliche Form an dieser Stelle), bei der das Testosteron aus jedem Panel trieft. Durch die schöne, ein wenig an klassische Tusche erinnernden Farben von Jay David Ramos gibt es aber dennoch immer wieder Bilder, die mir durchaus gut gefallen. Liefeld wird wohl niemals mein Lieblingszeichner werden, aber zugegeben: Er hat schon deutlich schlechter geliefert als hier.
Offen gesagt bezweifle ich, dass ich mich längere Zeit an diesen Comic werde erinnern können. Die banale Handlung ist einfach nichts, was sich irgendwie im Hirn verankert. Man liest diesen Comic, vielleicht mit einiger Unterhaltung, aber direkt nach dem Zuklappen setzt auch schon das Vergessen ein.
Wer nicht zu den Hardcore-Fans von Rob Liefeld, Wolverine, Cable, Spider-Man und/oder Venom gehört, sollte gut abwägen, ob die 18 Euro für diesen Comic eine sinnvolle Investition sind. Ich bin sicher, da kommt im Zuge des Filmstarts von „Deadpool & Wolverine“ noch einiges, was Euer hart verdientes Geld mehr verdienen würde.