Michael Turner hat wieder zugeschlagen! Nach seinem, von vielen Fans sehr bedauerten Weggang von „Witchblade“ hat er endlich seine eigene, neue Serie – „Fathom“. Und die ist ein ziemlicher Knaller, nicht nur Turners Zeichnungen wegen. Vielmehr auch wegen der für (US-)Comics bisher ungewöhnlichen Handlung. Die Hauptfigur ist, wie könnte es in diesem Fall anders sein, weiblich und heißt Aspen Matthews. Über ihre Vergangenheit ist anfänglich wenig bekannt – eigentlich nur, dass sie als Kind auf einem Kreuzfahrtschiff war, das über zehn Jahre lang vermisst wurde. Wieso, weshalb, warum, bleibt zunächst unklar. Bei der überraschenden und nicht mehr erwarteten Rückkehr des Schiffes wird Aspen vom Captain des Kreuzfahrers adoptiert. Später wird sie Meeresbiologin.
Aspens wahre Besonderheit ist aber viel mehr ihr Körperbau, denn ihre Knochen haben die Struktur und Belastbarkeit einer 14-Jährigen, und das, obwohl sie schon eine Mittzwanzigerin ist. Ihre Lungen haben eine viel größere Kapazität als die der besten Olympiaschwimmer*innen. Alles deutet darauf hin, dass Aspen für ein Leben im Wasser wie geschaffen ist. Tatsächlich ist Aspen die reinste „Wasserratte“: surfen, tauchen, schnorcheln – das ganze Programm. Jedenfalls wird Aspen als Meeresbiologin auf eine geheime Unterwasserforschungseinrichtung versetzt. Da diese Station von Amerika und Japan betrieben wird und man sich dort gegenseitig der Spionage bezichtigt, herrscht ständig Spannung zwischen beiden Parteien. Aspen soll auf dieser Station ein Wrack untersuchen, dessen Ursprung außerirdisch sein könnte. Und während sie dieses Wrack unter die Lupe nimmt, werden, ganz in der Nähe der Forschungsstation, auf einem Flugzeugträger neue Hybridfahrzeuge des Militärs getestet. Diese „Jets“ können sowohl in der Luft als auch Unterwasser eingesetzt werden. Bei diesen Erprobungen wird jedoch eines dieser beiden Hybriden von einem fremden Unterseeboot abgeschossen. Bei der Verfolgung des U-Bootes wird ein Torpedo abgefeuert, der sein Ziel verfehlt – und nun direkt auf die Forschungsstation zurast …
Man merkt es schon – „Fathom“ ist keines dieser typischen Superheldencomics. Und es gibt auch niemanden, der „Fathom“ heißt. Das Heft lebt vielmehr von der sich später noch sehr interessant entwickelnden Story und – wie immer im Falle eines Michael Turner – von wahrlich atemberaubenden Bildern. Dass Turner schöne Menschen zeichnen kann, ist ja spätestens seit Witchblade bekannt. Aspen Matthews sieht zwar ein bisschen aus wie Sara Pezzini mit neuer Frisur, und Kilian erinnert irgendwie an eine Mischung aus Ken Irons & Ian Nottingham, aber wer Turners Zeichnungen mag und sich an Image Comics noch nicht sattgesehen hat, dürfte sich daran kaum stören. Was aber wirklich exzellent gelungen ist, sind die Unterwasserbilder – und davon gibt es hier logischerweise reichlich.
Turner, der selber ein Wasserfanatiker ist, wie er im Buche steht – und ironischerweise trotzdem immer seekrank wird – ist es gelungen, die Unterwasserwelt originalgetreu und sehr überzeugend umzusetzen. Dafür nimmt er es dann schon mal auf sich und geht eben mal im Pazifik tauchen, um Jonathan D. Smith (Kolorist) die korrekten Farben für diese und jene Pflanzen unter solchen und solchen Lichtverhältnissen schildern zu können. Belohnt wurde (und wird) solche Mühe dann damit, dass „Fathom“ zu den bestverkauften Serien überhaupt gehört. Sicher spielt da auch der „Michael Turner Superstar“–Faktor eine Rolle.
Zur ersten Ausgabe (die Preview- und Nullnummerhefte nicht mitgezählt) hat Turner sich etwas Nettes einfallen lassen: Statt einfach nur drei Variant-Cover zu zeichnen, werden drei Seiten des Heftes aus der Sicht von drei verschiedenen Personen erzählt. Die erste, die Mittel- und die letzte Seite werden jeweils aus der Sicht von Aspen, Kilian und dem Wasserwesen, dessen Rolle bisher noch unklar ist, geschildert. Der Preis für die Hefte dürfte mittlerweile zwischen 20 und 30 DM pro Heft liegen. Wer also interessiert ist und die Möglichkeit hat, sollte schnell zuschlagen. Ich erinnere hier nur mal an die deutsche Erstausgabe von „Witchblade“ des Splitter-Verlages, deren Preis um die 100 DM liegt. Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass mit dieser Nummer 1 ein sensationeller Einstand in ein faszinierendes neues Comicuniversum geliefert wurde!