In der Vergangenheit habe ich das hier schon einige Male kundgetan und ich wiederhole mich da auch einfach gerne: Zu den schönsten Dingen dieses Jobs hier gehört es, wenn sorgsam gepflegte Vorurteile wie Kartenhäuser in sich zusammenfallen. Als Panini Comics mit der Vorschau der Neuerscheinungen für das nun ablaufende Quartal um die Ecke kam, befand sich darunter auch die Ankündigung einer neuen Hulk-Serie, deren erster Band „Der unglaubliche Hulk 1 – Das Zeitalter der Monster“ hier und heute mein Thema sein soll.
Ich gebe zu, nie ein sonderlich großer Fan des grünen Hünen gewesen zu sein. Das Konzept, dass der brillante Wissenschaftler Bruce Banner durch die Explosion einer Gamma-Bombe sich immer in der Nacht, bei Angst und vor allem bei Wut in ein übermenschliches Monster mit grüner Haut und ebenso gefärbten Haaren verwandelt und in seiner Rage alles zertrümmert, was nicht rechtzeitig zur Seite springt … nun, das hat mich nie wirklich überzeugt, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Dass Hulk später, und ich denke hierbei an die „Avengers”-Filme aus dem Marvel Cinematic Universe, dauerhaft in seiner grünen Gestalt umherläuft, gleichzeitig aber mit Intellekt, Empathie und Persönlichkeit von Bruce Banner vereint war, überzeugte mich noch weniger. Das wirkte auf mich ein wenig so, wie wenn man einem T-Rex die Schnute zuklebt und dieser fortan nur noch mit seinen kleinen Ärmchen wedeln könne. Lange Rede, kurzer Sinn: Hulk war ein Langweiler für mich. Aber irgendetwas bewegte mich dazu, doch ein Rezensionsexemplar zu bestellen. Und hier sitze ich nun, immer noch ziemlich angetan von dem, was ich vor rund einer Stunde gelesen habe!
Bruce Banner ist auf der Flucht. Förmlich getrieben hetzt er durch die Bundesstaaten der USA. Ihm auf den Fersen: Die Gamma-Hälfte seiner Persönlichkeit, der er nie entkommen kann, schließlich teilen sie sich einen Körper. Und der Hulk möchte gerne endgültig über die Kontrolle erlangen, da er Banner für ängstlich, schwach und verweichlicht hält. Dass Hulk zu den Avengers gehörte, mal ein Held war – alles Schnee von gestern.
Was Bruce Banner und der Hulk zunächst aber nicht wissen: sie flüchten auch noch vor einer ganz anderen, quasi uralten Bedrohung, die von der sogenannten Ältesten angeführt wird. Sie hat diverse Begleiter im Schlepptau, die allesamt einem Village-Zombie-Horrorstreifen entstiegen sein könnten. Auf seinem Trip macht das grüne Duo Bekanntschaft mit dem Mädchen Charlene, die aus vollkommen zerrütteten Verhältnissen stammt. Und die sich vor allem an den Grünen ranwamst, in der Hoffnung, ihre Wut beispielsweise auf ihren prügelnden Vater würde sie auch in so ein Monster verwandeln. Dass das so nicht funktioniert, ist klar. Und so streifen sie durch die Staaten, bei dem Chaos noch zu den harmlosen Hinterlassenschaften gehört …
Hui, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich ging im Vorfeld davon aus, dass es wieder eine dieser üblichen Hau-drauf-Superwesen-Geschichten werden würde. Da es sich um den Hulk handelt, mit einer Extraportion Hau-drauf. Dass sich hier aber eine Horrorgeschichte, voll mit uralten Zombiewesen, Südstaaten-Flair wie aus Horrorfilmen, jeder Menge Gore und Splatter und vor allem aber einer enorm hohen Portion Spannung hinter den Buchdeckeln verbergen würde, das hat mich überrascht. Im höchstmöglich positiven Sinne!
Allein schon der Auftakt, bei dem ein Filmteam sich über alle Regeln, Gesetze und Anordnungen hinwegsetzt, um ein paar bewegte Bilder vom Hulk zu bekommen – ein Vorhaben, dass die Truppe ziemlich schnell ziemlich bereut – ist richtig gut geschrieben und inszeniert.
Auch der Konflikt zwischen Banner, der sich kaum noch gegen den Mitbewohner in seinem Inneren wehren kann, sowie die Anbiederung des Mädchens Charlene, die mit Banner genauso wenig anfangen kann wie der Hulk – das, was Autor Phillip Kennedy Johnson zu Papier brachte, ist richtig gut geschrieben.
Nun brächte die spannendste Story nicht viel, wenn sie in einem Comic nicht adäquat zeichnerisch umgesetzt werden würde. Nic Klein, Travel Foreman und Edgar Delgado liefern allesamt auf ganzer Linie ab. Wenn Hulk und Charlene durch ein Sumpfgebiet waten, in dem ein weiteres Monster darauf wartet, seine Opfer möglichst effektvoll zu töten, dann kann man die Geräuschkulisse der dort lebenden Viecher beinahe schon hören und die schwüle Hitze springt einem förmlich ins Gesicht.
Es bleibt also nicht mehr viel zu sagen, außer: Dieser Auftakt hat mein bisher gepflegtes Vorurteil den Hulk betreffend ziemlich ins Wanken gebracht. Und ich freue mich jetzt schon auf September, wenn der apokalyptische Roadtrip von Banner/Hulk und Charlene fortgesetzt wird. Ich bin mir sicher, die Älteste hat noch ein paar sehr unangenehme Überraschungen auf Lager. Daumen hoch jedenfalls für diesen mehr als gelungenen Einstand!