Am Tag der Arbeit im Corona-Jahr 2020 erschien ein Album von gar exquisiter Güte und Erhabenheit. Ein Album, das etwas ermöglichte, und wenn auch nur in Gedanken, was seinerzeit nicht oder nur mit großen Einschränkungen möglich war: Reisen. Ben Lukas Boysen schickte sein Publikum mit seinem dritten Solo-Album, das unter seinem bürgerlichen Namen erschien, auf einen ganz besonderen Trip elektronischer Musik.
Sein Anliegen auf „Mirage“, das seinen Namen mehr als zu Recht trägt, war es, echte Instrumente so weit zu verfremden, dass sie zwar noch hörbar Sinn ergaben, aber teils nicht mehr als solche zu erkennen waren. Oder ihre Natur derart zu verändern, dass man das Gehörte irrtümlich für etwas vollkommen anderes hielt. Man konnte einfach nicht sicher sein, ob das soeben vernommene Geklimper eines Klaviers tatsächlich auch eines war.
Seitdem ist einige Zeit ins Land gezogen, Corona ist nicht mehr das bestimmende Thema. Wir haben genügend andere Dinge in der Welt, weswegen sich eine Gedankenreise lohnen würde, um dem ganzen Chaos zu entfliehen. Da passt es doch gut, dass Ben Lukas Boysen unlängst sein nunmehr viertes Solo-Album ankündigte. Am 29. November 2024 erscheint „Alta Ripa“, wie gehabt bei Erased Tapes. Und es ist in so mancherlei Hinsicht eine Rückkehr zu den musikalischen Wurzeln. Ausschließlich am Computer entworfene Sounds soll es zu hören geben, „etwas, das der 15-Jährige in mir gerne gehört hätte, das aber nur mein erwachsenes Ich auch tatsächlich schreiben kann.“
Boysen, der seit 20 Jahren in Berlin lebt, ist in Altrip, einer kleinen Gemeinde in Rheinland-Pfalz, aufgewachsen und betrachtet das neue Album als eine Hommage an früher. An seine frühere Heimat, regional wie auch musikalisch. Er bezeichnet es als „einen Liebesbrief an meine Heimatstadt, an diesen Ort und diese Zeit, die für mich einfach absolut prägend war und die mich zu dem Menschen gemacht hat, der ich heute bin. Es war eine Phase der Entdeckungen, des Lernens, des Erwachsenwerdens – umgeben von Musik, die mit Synthesizern und Samplern gemacht wurde. Das Album ist eine Hommage an diese Anfangsphase. Sowohl klanglich als auch emotional kehre ich damit zu meinen Wurzeln zurück. ‘Quasar’ markiert den Auftakt dieser Reise – mit viel analoger Wärme, digitalen Spannungen und versteckten Breaks.“
Weiter erzählt der Musiker über das kommende Album: „Ich lebe nun schon fast 20 Jahre in Berlin, wo ich unzählige Begegnungen mit wunderbaren Künstler*innen hatte. Immer wieder konnte ich mich austauschen über die Grundwerte und darüber, was einen zu einer Komposition inspiriert – und das alles hat klare Spuren in meinem Werk hinterlassen. Doch diese kleine Gemeinde Altrip, die ich in gewisser Weise nie wirklich verlassen habe, all die Erinnerungen an diese Zeit kamen mir immer wieder in den Sinn und mündeten in der Idee, alles, was ich zwischenzeitlich gelernt habe, gewissermaßen ‘nach Hause’ zu bringen. Ich wollte musikalisch an jenen Ort zurückkehren, der mich geformt, geprägt und inspiriert hat, bevor das Leben kompliziert wurde… und ich wollte meinen aktuellen Erfahrungsschatz mitnehmen in diese Welt. Wie eine Rückkehr und ein Neuanfang zugleich: Ich wollte ein Album schreiben, das gleichzeitig wie mein ältestes und mein neuestes Werk klingt.“
Und wie mag das nun also klingen? Die bereits erwähnte erste Single „Quasar“ bietet einen allerersten Vorgeschmack davon. Hört selbst:
Ich habe ja das Gefühl, dass da wieder ein ganz besonderes Album angerauscht kommt!
