📸: Panini Comics

Knallhart, grausam, irre spannend: „Der Pinguin 1 – Auferstanden von den Toten“, geschrieben von einem Ex-CIA-Agenten, solltest Du nicht verpassen!

Fangen wir mal mit einer ollen Binsenweisheit an: Das Böse übt seit ehedem und immer schon eine Faszination auf die Menschen aus, der sie sich – zumindest, sofern sie in der Popkultur stattfindet – nur schwerlich widersetzen können. Ich denke gerade an die Netflix-Serie um den Serienmörder Jeffrey Dahmer, in meiner Wahrnehmung ein ziemlicher Hit für die Streamingbude. Ich denke an die Musikerin SKYND, die in ihrer brachialen Industrial-Mucke jedes Mal irgendeine grausame True-Crime-Story verarbeitet. Selbst der Namensgeber dieses Blogs, Professor Dr. Frank M. Spinath hat sich in einem Song auf seinem Solo-Album „Lionhearts“ ausführlich mit dem Leben und Töten des sogenannten Co-Ed-Killers Ed Kemper beschäftigt.

Auch in der Geschichte der Comics war das Böse immer und immer wieder Inspiration für Geschichten, seien diese krass, schockierend und/oder schlicht großartig geschrieben. Alan MooresFrom Hell“ geht mir durch den Kopf, ein bis heute meisterhaftes Sittengemälde des viktorianischen Londons rund um die Ripper-Morde. Oder, aktueller, „The Boys“, deren vermeintliche Superheld*innen, allen voran Homelander, auch das Gegenteil von Gut sind. Auch bei DC Comics stehen immer wieder die Schurk*innen im Rampenlicht.

Teilweise kommen wirklich ganz großartige Geschichten dabei heraus. So etwa der erste Band von „Der Joker: Der Mann, der nicht mehr lacht“. Oder, so wie früher in diesem Jahr, „Der Riddler: Das erste Jahr“. Geschrieben übrigens von Paul Dano, jenem Mann, der den Rätselfreund im letzten Leinwandabenteuer der berühmtesten Fledermaus der Welt, „The Batman“, verkörperte. Und nun widmet DC im Rahmen der inhaltlichen Morgendämmerung „Dawn of DC“ einer weiteren Figur, die Batman schon sehr lange das Leben schwer macht, eine neue, eigene Serie: dem Pinguin. Pünktlich vor dem Start der Serie, in der Colin Farrell seine Rolle aus „The Batman“ wiederholt. Warum dieser erste Aufschlag zu den absolut besten Comics gehört, die man derzeit lesen kann, damit befasse ich mich jetzt.

Geschrieben wurde dieser knallharte Gangster-Thriller von Tom King, vermutlich einer der besten Autoren, die derzeit in der Comicwelt unterwegs sind. Tom King, als ehemaliger CIA-Agent vermutlich bestens vertraut mit dem Bösen und dessen vielen Facetten, hatte schon mit „Batman – Killing Time“ einen grandiosen Comic in der Welt der Fledermaus abgeliefert. Und das, obwohl Batman dort mehr eine Randfigur war. Ein wenig greifen die Handlungen beider Comics auch ineinander über.

Nachdem Oswald Cobblepot seinen Tod vortäuschen konnte, lebt er ein beschauliches Leben in Metropolis. Als Blumenhändler. Dass es nicht beim friedlichen Arrangieren von Gestecken bleibt, dürfte klar sein, oder? Schon bald tritt eine Person auf den Plan, die Kenner*innen von „Killing Time“ noch bestens bekannt sein dürfte, und zwingt Oswald Cobblepot zurück in die Rolle des Pinguins. Er soll im Auftrag der US-Regierung Gothams Unterwelt wieder an sich reißen. Dafür sichert er sich die Dienste einer merkwürdigen Truppe von Leuten mit besonderen Talenten – und eines Butlers, der ebenfalls in „Kiling Time“ einen sehr bemerkenswerten Auftritt hatte. Und Blumen hin oder her – in der Zeit seines Exils hat der Pinguin nichts von seiner tödlichen Grausamkeit oder strategischen Brillanz eingebüßt …

📸: Auszug aus „Der Pinguin 1: Auferstanden von den Toten“. Erscheint beim Panini Verlag.

Irre gut! Das wäre so das erste Fazit, was ich ziehen würde. Ich habe diesen Comic in einem Rutsch durchgelesen, irgendwann immer schneller, weil das, was Tom King inhaltlich zu Papier brachte, nicht weniger als Weltklasse ist. Ein derber, gnadenloser und in Teilen auch sehr grausamer Gangster-Thriller, der dem (zumindest meinem Empfinden nach bislang ziemlich dürftigen) Profil des Pinguins ein paar sehr scharfkantige Konturen verpasst. Und noch dazu sehr spannend! Wie in klassischen Mafia-Filmen macht der Pinguin klar, und das sehr deutlich, dass es ein Fehler wäre, ihn aufgrund seiner markanten Optik zu unterschätzen. Sehr textlastig ist der Beginn des Aufstiegs zurück an die Macht ausgefallen, oftmals erzählt aus der Perspektive jener Person, die gerade mit dem Pinguin zu tun hat. Und dieses Aufeinandertreffen nicht selten mit dem Leben bezahlen muss.

Eine andere Geschichte beinhaltet das erste Aufeinandertreffen des Pinguins mit Batman. Ganz groß, wie hier erzählt wird, dass Dreh- und Angelpunkt so manchen Problems die Fledermaus selbst ist. So wie er, je nach Origin-Story, den Joker geschaffen hat, so ist Batman hier quasi verantwortlich für den ersten Aufstieg des Pinguins, nachdem dieser – mit Batmans Hilfe – das Falcone-Imperium zu Fall brachte. Da kann sich Batman noch so sehr einreden, alles sei einem größeren Gut untergeordnet gewesen – die Falcones aufzuhalten wäre sicher auch möglich gewesen, ohne ein neues Monster zu erschaffen.

Die teilweise derben Bilder lieferten Rafael de Latorre bzw. Steven Subic und beide, wenn auch stilistisch sehr verschieden, waren jeweils ganz famos in ihrem Tun. Die Panels wirken so düster, trostlos, dreckig und aus jedem Strich die Verkommenheit des Pinguins atmend, wie man es sich nur wünschen kann. In manchen Szenen scheint beinahe der kalte, nach totem Fisch stinkende Odem des Verbrechers aus den Seiten zu steigen. Weltklasse, sagte ich das schon?

Nach „Batman – Killing Time“ hatte ich gehofft, von Tom King einen weiteren Hochkaräter in der Welt der Fledermaus lesen zu dürfen, der nur ansatzweise die gleiche Güte erreicht. „Der Pinguin 1 – Auferstanden von den Toten“ ist nicht nur ein bärenstarker Auftakt einer neuen Serie, sondern mit ganz weitem Abstand der bisher beste Output der „Dawn of DC“-Initiative. Wer den Solo-Comic rund um den Riddler oder „Killing Time“ mochte, wird dieses Ding hier lieben. Passiert nur noch selten heutzutage, aber ich kann gar nicht abwarten, dass es weitergeht!


Erscheinungsdatum
6. August 2024
Verlag
Panini
Autor*in
Tom King
Zeichner*in
Rafael De Latorre, Steven Subic
Seiten
176
Storys
The Penguin 1–7
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